Fehlerkultur in der Schule: Umgang mit Misserfolgen von Schüler*innen

Uhr

Der Umgang mit Misserfolgen spielt im Schulalltag eine große Rolle. Denn wer erinnert sich nicht mehr an die Angst, die man kurz vor der Rückgabe der Klassenarbeit verspürt hat? Oder die nervenaufreibende Nervosität kurz bevor man eine Präsentation vor der Klasse hält? Eine positive Fehlerkultur im Klassenzimmer kann dabei helfen, dass deine Schüler*innen selbstbewusster sind und potenzielle Fehler als Chance sehen. Das nimmt nicht nur Leistungsdruck raus und sorgt für ein gutes Klassenklima, sondern wird deinen Schützlingen im späteren Leben ebenso zugutekommen. Hier erfährst du, warum das so ist und wie du eine positive Fehlerkultur im Klassenzimmer etablierst.

Fehlerkultur im Klassenzimmer

Klassenarbeiten, Tests, oder die Mitarbeit im Unterricht – Schüler*innen sind im Schulalltag vielen Situationen ausgesetzt, in denen ihre Leistungen bewertet werden. Fehler werden in der Schule oft mit schlechten Noten „bestraft“ – zumindest fühlt sich das für viele Schüler*innen so an. Sich davon nicht runterziehen zu lassen, will gelernt sein.

Tatsächlich setzen viele Schüler*innen auf eine Fehlervermeidungsstrategie, um bei Lehrkräften und Eltern nicht mit schlechten Noten auf negative Reaktionen zu stoßen. Das kann jedoch dazu führen, dass die Kinder Angst davor haben, neue Lerninhalte zu üben oder neue Lösungswege zu suchen.

Dabei sind Fehler etwas Gutes! Sie weisen auf Schwächen und damit Lernpotenziale hin, an denen man arbeiten kann. Sie sind ein wichtiger Teil des Lernprozesses und damit eine Chance, sich zu verbessern.

Um die Lernmotivation deiner Schüler*innen zu erhöhen, kannst du als Lehrkraft an einer konstruktiven und positiven Fehlerkultur im Klassenzimmer arbeiten. So kannst du deinen Schüler*innen zeigen, wie sie mit Fehlern umgehen und daraus lernen können.

Wer mit Misserfolgen umgehen kann, ist selbstbewusster

Wie Schüler*innen mit Fehlern und Misserfolgen umgehen, hängt oft mit ihrem Selbstvertrauen und ihrem Selbstwertgefühl zusammen. Wer selbstbewusst ist, nimmt Dinge gerne in Angriff und verfolgt sie mit Ausdauer, anstatt schnell aufzugeben. Menschen mit einem starken Selbstwertgefühl wissen, dass Fehler erlaubt sind, und fühlen sich bei einem Misserfolg nicht gleich wie Versager*innen. Sie wissen, dass die Leistung nichts mit dem eigenen Selbstwert zu tun hat.

Wenn sich Schüler*innen lediglich darauf konzentrieren, Fehler zu vermeiden, wächst schnell der Leistungsdruck. Bei einem Misserfolg zweifeln sie an sich selbst und sind verunsichert. Hinter ihrer Lernmotivation steckt Angst. Stattdessen sollten sie beispielsweise neue Lerninhalte lieber als eine Herausforderung sehen, und sich fragen, wie sie diese erfolgreich meistern können. Dann liegt ihr Fokus weniger darauf, bewertet zu werden, und viel mehr auf dem eigentlichen Lerninhalt.

Unter Fehlerkultur versteht man den Umgang mit Fehlern. Das bezieht sich nicht nur auf den Schulalltag, sondern auf das gesamte Leben. Menschen, die mit Misserfolgen umgehen und sich ihre Fehler eingestehen können, blicken nach vorn und lassen sich nicht so schnell entmutigen. Sie können lösungsorientiert denken, und ihre Stärken und Schwächen besser reflektieren. All das sind wichtige Kompetenzen, von denen Schüler*innen ihr restliches Leben profitieren.

Tipps für den Umgang mit Misserfolgen von Schüler*innen

Als Lehrkraft kannst du deinen Schüler*innen dabei helfen, eine Strategie zu finden, um mit Misserfolgen umzugehen. Wir haben ein paar Tipps für dich, wie du ihnen beibringen kannst, wie sie Fehler zu ihrem Vorteil nutzen können.

Abbildung 1: Tipps für den Umgang mit Misserfolgen (eigene Darstellung)

Fehler normalisieren

Fehler sind alltäglich. Besonders Schüler*innen müssen lernen, dass sie nicht per se etwas Schlechtes sind. Getreu dem Motto „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“ gehören Fehler zum Lernprozess dazu. Durch sie kann man erkennen, wo es noch Missverständnisse oder Wissenslücken gab.

Ermutige deine Schüler*innen, Fehlern als Chance zu sehen, um daraus zu lernen. Mach ihnen klar, dass es nicht hilft, ihre Misserfolge zu verdrängen oder sie persönlich zu nehmen. Nur weil etwas einfach nicht klappt, heißt das noch lange nicht, dass sie „zu blöd“ dafür sind!

Um das zu verinnerlichen, kann die richtige Haltung entscheidend sein. Nach beispielsweise dem Growth Mindset sind die eigenen Fähigkeiten und Talente nicht festgelegt, sondern formbar sind. Wer Zeit investiert und dranbleibt, kann sie verbessern.

Unser Tipp: Um den Bewertungsdruck rauszunehmen, kannst du für Tests oder die Hausaufgaben alternative Bewertungsmöglichkeiten nutzen. Möglich sind zum Beispiel Symbole von Pflanzen oder passende Emojis.

Frustrationstoleranz fördern

Ganz ehrlich: Neben dem Gefühl, ihre Eltern zu enttäuschen oder sich vor Mitschüler*innen zu blamieren, ärgern sich die Schüler*innen sicherlich selbst schon genug über ihre Fehler. Als Lehrkraft ist es wichtig, verständnisvoll auf ihre Enttäuschung zu reagieren.

Achtung: Reaktionen wie Trost und Ablenkung sind zwar nett gemeint, können aber genau das Gegenteil bewirken. Schüler*innen wittern darin sofort eine Bewertung oder fühlen sich dadurch nicht ernst genommen.

Um die Lernmotivation deiner Schüler*innen zu fördern, kannst du sie während des Lernprozesses unterstützen. Wer sich neues Wissen aneignen will, braucht Geduld. Ermutige deine Schüler*innen, dranzubleiben, wenn sie aufgeben wollen. Zeige ihnen, dass du dich über ihre Ausdauer freust und es schätzt, dass sie sich auf die Herausforderung einlassen.

Fehler nicht bewerten

Das Selbstwertgefühl deiner Schüler*innen darf nicht unter ihren schulischen Leistungen leiden. Wähle deine Worte in Einzelgesprächen mit Bedacht und mache auf keinen Fall Witze. Genauso solltest du Einzelleistungen nicht vor der Klasse besprechen, wodurch sich einzelne Schüler*innen bloßgestellt fühlen könnten. Trotz einer Enttäuschung sollten die Schüler*innen nicht vergessen, nach vorn zu schauen.

Anstatt Fehler zu bewerten, solltest du sie gemeinsam mit deinen Schüler*innen analysieren. Indem du offen mit ihnen über ihre Fehler sprichst, können sie ihre Lernpotentiale erkennen. Darauf aufbauend könnt ihr gemeinsam überlegen, was nötig ist, um aus den Fehlern lernen zu können.

Lernpotentiale erkennen

Die Analyse der Fehler soll Antworten liefern: Was genau ist schiefgelaufen? Gab es Verständnisprobleme hinsichtlich der Lerninhalte? Wurde nicht ausreichend gelernt? Achte darauf, dass die Gründe Hand und Fuß haben. Die Schüler*innen sollten den Misserfolg nicht damit entschuldigen, dass sie einfach einen schlechten Tag hatten.

Je nach Unterrichtsfach kannst du deinen Schüler*innen direkt bei der Korrektur von Klassenarbeiten oder in Einzelgesprächen ein ausführliches Feedback geben. Damit verhinderst du, dass sie bei der Interpretation ihrer Fehler allein dastehen oder sie gar nicht erst hinterfragen.

Hinweis: Wer trotz vielem Üben dennoch nicht die gewünschten Noten erzielt, ist noch lange kein aussichtsloser Fall. Als Lehrkraft solltest du dafür sensible Antennen haben: Was muss das Kind noch lernen? Was könnte es brauchen, um beim nächsten Mal daran zu denken? Ein Gespräch mit den Eltern kann sinnvoll sein, um beispielsweise über die Familiensituation oder die Lernumgebung zu Hause zu sprechen.

Biete deinen Schüler*innen generell Unterstützung an, um ihre Fehler auszuwerten. So könnt ihr gemeinsam herausfinden, wo Stärken und Schwächen lagen. Daraus lassen sich realistische Ziele und Handlungsmöglichkeiten ableiten, um den individuellen Lernbedarf abzudecken.

Unser Tipp: Mithilfe von offenem Unterricht kannst du eigenständiges Lernen fördern. Gleichzeitig bietest du einen bewertungsfreien Raum, in dem sich die Schüler*innen ihre Lerninhalte selbst aussuchen, in ihrem eigenen Tempo lernen und ihre Ergebnisse selbst kontrollieren können.

Vorbildfunktion leben

Lebe deinen Schüler*innen vor, was eine positive Fehlerkultur ist. Kehre es nicht unter den Teppich, wenn du mal etwas für den Unterricht vergessen oder du eine Frage falsch beantwortet hast. Gesteh deinen Fehler ein und zeige, dass auch du daraus lernen kannst. Das zeigt deinen Schüler*innen, dass jedem Fehler passieren und man sich nicht dafür schämen muss.

Fazit: Positive Fehlerkultur im Klassenzimmer fördern

Lehrkräfte können nicht einfach das Bewertungssystem an Schulen ändern. Aber sie können ihren Schüler*innen vermitteln, wie sie konstruktiv und positiv mit Misserfolgen und Fehlern umgehen können. Anstatt sich darauf zu konzentrieren, Fehler zu vermeiden, sollten Schüler*innen sie als Chance wahrnehmen und daraus lernen. Sei ihnen dazu ein Vorbild und steh zu deinen Fehlern. Gib ihnen die Möglichkeit, ihre Fehler wirklich zu verstehen, und lehre sie, mehr darin zu sehen als bloß eine Zahl auf einem Blatt. Ermutige sie, Geduld zu haben und an sich selbst zu glauben. Diese Einstellung wird ihnen in der Schule, aber auch in ihrem restlichen Leben helfen, Herausforderungen selbstbewusst anzugehen und zu meistern.

Du bist Lehramtsstudent*in oder Referendar*in?

Fit4Ref ist eine kostenlose Lehramts-Community. Wir unterstützen dich mit vielen Vorteilen in jeder Phase auf deinem Weg zur Lehrtätigkeit. Sichere dir als LA-Student*in oder Referendar*in den Zugang zur Mediathek, der umfangreichen Unterrichtsmaterialdatenbank und vielen weiteren Vorteilen.

Weitere Vorteile entdecken
Kommentare
Es gibt noch keine Kommentare. Mach den Anfang! ;)