#Lernstörung #Schüler

Unterricht mit verhaltensauffälligen Kindern

Uhr
(C) luzfc / Unsplash

Spätestens im Praktikum während Deines Studiums begegnest Du ihnen. Den Kindern, die durch ihr Verhalten Deinen Unterricht torpedieren. Du hast wundervoll geplant, an alles gedacht und dann? Dein Unterricht läuft ganz und gar nicht nach Plan. Störende Zwischenrufe, unangemessene Kommentare oder gar absolute Arbeitsverweigerung oder Provokationen lassen Dich ins Schwitzen geraten. Du weißt nicht, wie Du darauf angemessen reagieren sollst. Freundlich, streng, bestimmt, verständnisvoll — ganz schön schwierig. Und am Ende des Tages stellst Du vielleicht Dich und Deinen Unterricht komplett infrage. 

Abweichendes Verhalten

Häufig weisen die oben beschriebenen Schülerinnen und Schüler Entwicklungsverzögerungen im Bereich der Emotionalität und des Sozialverhaltens auf. Dieses führt dazu, dass sie häufig nicht ihr kognitives Potenzial entfalten können und sie durch Schwierigkeiten im Kommunikationsverhalten auffallen. 

Die Gründe hierfür können soziale Not, Probleme in der Familie, Vernachlässigung und Verwahrlosung oder gar Misshandlung sein. Die Ursachen sind vielfältig und meist vielschichtig. Diese Umstände stehen einer gesunden Entwicklung des Kindes entgegen. 

Gestörte Persönlichkeitsentwicklung

Aber was sind die notwendigen Voraussetzungen für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung? Um das abweichende Verhalten dieser Kinder zu verstehen, kannst Du Dir vorstellen, dass ihre existentiellen Bedürfnisse nicht ausreichend befriedigt werden konnten oder auch aktuell einfach nicht befriedigt werden können. Dies können physiologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst oder ausreichend Schlaf sein. Viele Kinder kommen hungrig und übernächtigt in die Schule. Vielleicht haben sie die ganze Nacht am PC gesessen oder im Internet gesurft. Niemand hat sie am Morgen geweckt, ist mit ihnen aufgestanden, hat ihnen etwas zu essen gemacht oder womöglich ein Schulbrot vorbereitet. Das Bedürfnis des Kindes nach Sicherheit, Schutz und Ordnung aber auch die sozialen Bedürfnisse nach Kontakt, Liebe und Zugehörigkeit werden durch diese Bedingungen vernachlässigt. Kompensiert wird dieses durch ein übersteigertes Ich-Bedürfnis. Die Anerkennung durch andere — der oder die traut sich was — verbunden mit einem übergroßen Geltungsbedürfnis durch auffälliges Verhalten. 

Allmächtiges Verhalten als Folge

Diesen Kindern fehlt die Struktur gebende Orientierung durch die Erwachsenen. Sie bekommen keine Anleitung, können nicht von Vorbildern lernen. Sie sind bei vielen Entscheidungen auf sich selbst gestellt, übernehmen Verantwortung, die sie noch nicht tragen können. Wenn das Verhaltensziel nicht bekannt ist, können psychische Funktionen wie die Frustrationstoleranz, das Gewissen, die Ausdauer und das Durchhaltevermögen nur bedingt entwickelt werden. Als Folge verharrt das Kind auf einer kleinkindlichen Entwicklungsstufe. Die Vorstellung von unbeschränkter Macht — ich bestimme, was passiert — machen es ihm unmöglich, Fremdbestimmung durch einen Erwachsenen auszuhalten und sich in soziale Gruppenprozesse einzugliedern. 

"Merkmale" dieser Kinder

Kinder mit Entwicklungsverzögerungen im Bereich der Emotionalität und des Sozialverhaltens haben häufig Probleme mit sich selbst und den eigenen Emotionen. Dies kann sich durch übersteigerte Ängste oder Aggressivität äußern. Oftmals haben die Kinder eine übergroße Misserfolgsorientierung, eine geringe Frustrationstoleranz oder eine mangelnde Impulskontrolle. Die Selbstwahrnehmung ist eingeschränkt. Diese Entwicklungsprobleme werden häufig durch lautes, störendes Verhalten und motorische Unruhe kompensiert. Des Weiteren fallen viele dieser Kinder durch einen gestörten Umgang mit anderen auf. Dies äußert sich vielleicht durch unangemessene Kontaktaufnahmen, die mangelnde Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und zur Empathie. Diese Entwicklungsprobleme zeigen sich durch inadäquate Reaktionen auf Gefühle, einem verstärkten Bedürfnis nach Rückzug, der starken Orientierung auf die Lehrerin oder den Lehrer sowie mangelnder Regelkenntnis und Regelakzeptanz. 

Konsequenzen für den Unterricht

Im Unterricht mit verhaltensschwierigen Kindern kannst Du konkrete Maßnahmen bei der Planung Deines Unterrichts berücksichtigen, um Unterrichtsstörungen vorzubeugen. Dazu gehören strukturierte Lernangebote und ein strukturiertes Umfeld im Klassenraum. Dieses hilft den Kindern sich selbst zu organisieren. Der Rahmen ihrer Handlungen und der Anforderungen ist ihnen klar und sie müssen nicht die Grenzen durch abweichendes Verhalten austesten. Ebenfalls unterstützend wirkt die deutliche Rhythmisierung Deines Unterrichts mit einem Wechsel in den Angeboten, Aktivitäten und der Wahl der angemessenen Sozialform. Wenn ein Kind nicht gruppenfähig ist, wird es keinesfalls in einer Kleingruppe angemessen arbeiten können. Bei der Wahl der Aufgaben solltest Du die Lebensumwelt der Kinder bedenken. Aufgaben sollten einen Bezug zu Wirklichkeit der Kinder haben, damit die Arbeit sinnhaft für sie ist. Ganz wichtig sind klar und verständlich formulierte Aufgabenstellungen und mündliche Anweisungen. Missverständnisse führen zu Unsicherheit und Unruhe. Auch Transparenz, Eindeutigkeit und Verbindlichkeit in Abläufe und Deine Haltung sind ungemein wichtig. Rituale und verbindliche Regeln helfen, einen klaren Verhaltensrahmen zu sichern — für einen möglichst störungsfreien Unterricht. 

Du bist Lehramtsstudent*in oder Referendar*in?

Fit4Ref ist eine kostenlose Lehramts-Community. Wir unterstützen dich mit vielen Vorteilen in jeder Phase auf deinem Weg zur Lehrtätigkeit. Sichere dir als LA-Student*in oder Referendar*in den Zugang zur Mediathek, der umfangreichen Unterrichtsmaterialdatenbank und vielen weiteren Vorteilen.

Weitere Vorteile entdecken
Kommentare
Es gibt noch keine Kommentare. Mach den Anfang! ;)