Zeitmanagement oder: Ein Plädoyer für den Abschied vom Perfektionismus / Blogbeitrag "Nigela"
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Ja, heute spoilert der Titel. Trotzdem wollen wir uns die Mühe machen, weiter vorne anzufangen. Das Thema Zeitmanagement ist für jede/n von uns spätestens seit dem Studium, meist jedoch eher schon seit der eigenen Schulzeit, von Bedeutung. Wirklich unverzichtbarer Bestandteil des Alltags wird es aber erst im Ref. Da muss man plötzlich in jeder gezeigten Unterrichtsstunde sein mehr oder weniger geniales Zeitmanagement unter Beweis stellen, welches man täglich in der knappen Freizeit unbewusst trainiert, und welches sich in den 18 Monaten auch wirklich rapide verbessert – so zumindest Nigelas persönliche Einschätzung.
Während man das Schreiben von Hausarbeiten im Studium vor sich herschob und feststellte, dass die Motivation erst mit dem Druck exponentiell wächst, hat man bereits geahnt, was es mit „Prokrastination“ auf sich hat (unser aller Lieblingswort, nicht wahr?), und sich zum ersten Mal vorgenommen, beim nächsten Mal alles viel früher und strukturierter anzugehen – natürlich zu Recht! Aber spätestens im Ref bekommt dieser gute Vorsatz dann seinen Namen – Zeitmanagement – sowie eine neue Verbindlichkeit.
Schon der Begriff „ZeitMANAGEMENT“ impliziert, dass etwas aktiv gestaltet und nicht einfach laufen gelassen wird. Ein hilfreiches Werkzeug sind hierbei natürlich Zeitpläne. Aber Achtung: Das Erstellen von Zeitplänen kann auch schnell zur Prokrastinationsfalle werden – also nicht übertreiben! Bei dieser Zeitplanung ist es wiederum wichtig, die einzelnen Inhalte der Pläne mit Prioritäten zu versehen und diese auch unbedingt einzuhalten (Achtung, Dringlichkeit ≠ Wichtigkeit, beides muss berücksichtigt werden).
Aber wie sorgen wir dafür, dass das mit dem Einhalten klappt? Zunächst natürlich dadurch, dass wir realistisch planen und uns nicht von vornherein mehr vornehmen, als wir leisten können. Leider schreibt einem der Ref-Alltag mitunter mehr auf die To-Do-Liste, als einem lieb ist. Gerade deshalb müssen aber ganz bewusst Pausen, Freizeit und Belohnungen zu diesem Alltag gehören! Diese müssen tatsächlich elementarer Bestandteil unseres Zeitmanagements sein. Kleinere Etappen (Unterricht für den nächsten Tag, Aufsetzen der Klassenarbeit etc.) lassen sich mit leckerem Essen, einem heißen Bad, einer Serie oder einem Kapitel im Lieblingsbuch zum Tagesausklang belohnen. Für größere Etappen (Lehrprobe absolviert, Klassensatz Klausuren korrigiert, erstes Halbjahr überstanden etc.) darf dann auch mal ein Tag mit Freund/innen im Freizeitpark oder ein Sommerferienmonat in Thailand verbracht werden. Aus dem Gleichgewicht gerät dieses System, wenn das Aufsetzen des Elternbriefes bereits mit dem Freizeitparkausflug belohnt wird.
Lange Rede, kurzer Sinn: Plant Belohnungen in Form von Freizeit (= Pausen) ein und ihr werdet euren Plan viel lieber durchziehen und sorgt nebenbei auch noch für eure Gesundheit. Diese freut sich natürlich nicht nur über ausreichend Schlaf und regelmäßige Mahlzeiten, sondern auch immer über Bewegung. Wer es nicht schafft, Sport in seinem Zeitplan unterzubringen, könnte (wie Nigela) die ausgleichende Bewegung in den Alltag einbauen und zur Schule joggen oder das Rad nehmen.
Zusätzlich ist es gerade im Lehrerberuf unerlässlich, auch ganz bewusst Pufferzeiten zu berücksichtigen, in denen Unvorhergesehenes untergebracht werden kann, denn das gehört zu unserem Alltag dazu: Hier einen Elternbrief wegen der dritten nicht gemachten Hausaufgabe schreiben, dort der kurzfristig anberaumten Klassenkonferenz beiwohnen usw. Wenn solche Pufferzeiten nicht bewusst mit eingeplant werden, führt das nicht selten dazu, dass man die vorgesehene Freizeit am Abend als Pufferzeit nutzt. Dann wird die Serie eben einen Tag später geschaut. Solange nicht dauerhaft darauf oder auf vergleichbare Pausen verzichtet wird, ist dies ein praktikables Vorgehen. Es sollte aber definitiv nicht zur Gewohnheit werden.
Auch während eurer Arbeitsphasen könnt ihr verschiedene Maßnahmen ergreifen, um eure Arbeit effizienter zu gestalten. Unterbindet z.B. jede Störung. Welchem Schüler würdet ihr empfehlen, bei den Hausaufgaben das Smartphone neben sich liegen zu haben? Nun, für uns gilt nichts Anderes. Plant zeitlich definierte Arbeitsblöcke, in denen Handy, Kaffeemaschine und Co. tabu sind. Und seid auch so realistisch zu sehen, dass man sich nicht sonderlich lange am Stück wirklich effektiv konzentrieren kann. Drei Stunden ununterbrochen am Schreibtisch sitzen zu wollen ist also Quatsch – plant ruhig nach 90 Minuten eine Heißgetränkpause oder den Gang zum Supermarkt ein, z.B. um den Schokivorrat aufzufüllen (bloß keine Diäten im Ref!).
Es gibt verschiedene weitere Strukturierungsmaßnahmen wie die Salami-Taktik, Skelett-vor-Detail oder die Verschränkung von Arbeitsvorhaben. Das lässt sich jedoch wunderbar bei einem Blick in die Fachliteratur nachlesen und wird dort mit Sicherheit wissenschaftlich fundierter dargelegt, als wir das könnten. Stattdessen wollen wir uns einem Thema widmen, zu dem wir einen viel persönlicheren Zugang haben. Einem Thema, das unseres Erachtens ein Kernaspekt beim Zeitmanagen ist und das insbesondere Referendar/innen – gezwungenermaßen –, aber auch viele junge und auch nicht mehr so junge Lehrer/innen betrifft: das Schreckgespenst Perfektionismus. Oft durch gleichermaßen intrinsische wie extrinsische Motivation angetrieben, sitzen wir bis zum Sanktnimmerleinstag an der Suche nach dem richtigen kleinen Bildchen für das Arbeitsblatt, knobeln an dem aussagekräftigen Kommentar (oder Roman?) zur gerade korrigierten Klassenarbeit und laminieren die Stationenarbeit in verschiedenen Farben. Vorneweg: Natürlich ist das grundsätzlich richtig so. Natürlich hat dieses Vorgehen gerade in Anbetracht der zahlreichen Prüfungssituationen seine Berechtigung und genauso natürlich sind wir auch unabhängig davon bemüht, unsere Aufgaben so gut wie nur möglich zu erfüllen (wir gehen an dieser Stelle mal ganz selbstverständlich von den idealistischen Gründen der Berufswahl aus). Hier kommt jedoch das Aber: Dieses Vorgehen ist nur begrenzt leistbar und kein/e Schüler/in hat etwas davon, wenn wir uns übernehmen, unsere Grenzen überschreiten und letztlich ganz ausfallen. Nun zu der guten Nachricht: Wir müssen unseren Anspruch nicht gänzlich aufgeben, um klarzukommen. Das Zauberwort lautet Pareto-Prinzip – auch 80/20-Regel genannt. Dieses besagt, dass man mit 20 % des Gesamtaufwandes 80 % der Ergebnisse erreicht, während man für die fehlenden 20 % des Weges 80 % der Zeit benötigt. Und genau diese Erkenntnis sollte Grundlage unserer Zeitplanung sein!
Achtung, hieraus sind natürlich keine absoluten Schlussfolgerungen zu ziehen. Natürlich gibt es Situationen, in denen 80 % nicht reichen, es gibt Situationen, in denen die 80 % doch mehr als 20 % des Gesamtaufwandes erfordern und es gibt Situationen, in denen man vielleicht nur 10 % Zeit hat. In allen anderen Situationen jedoch hilft die Rückbesinnung auf Pareto und die Frage, ob die bereits vorhandene Glühbirnen-Graphik für das Merkblatt nicht genauso ihren Zweck erfüllt, wie das Aha-Männlein, nach dem man schon seit einer halben Stunde die Google-Bildersuche durchforstet. Und psst, unter uns: Wenn man sich für die Glühbirne und gegen das Aha-Männlein entschieden hat, darf man die gesparten 80 % des Aufwandes auch mit Fensterputzen verbringen – oder mit Seriengucken.
Tipp aus der Fit4Ref-Redaktion:
Dieser Blogbeitrag wurde von den beiden Buchautorinnen "Ni" und "gela" verfasst. In dem Buch "Mit Nigela durchs Referendariat" findet ihr noch viele weitere spannende Geschichten rund um das Referendariat.
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Fantastisch!
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