Umgang mit schwierigen Schülern

Lesezeit:  18 Minuten
Letztes Update:  19.06.2023

Stehst du vielleicht auch gerade vor dem Antritt deines Praxissemesters oder Referendariats? Sind dir dabei möglicherweise auch schon folgende Fragen zum Umgang mit schwierigen Schülern aufgekommen oder hast du sie dir auch schon im Laufe deines Studiums gestellt: Wie gehe ich eigentlich mit den Schülern und Schülerinnen um? Was mache ich, wenn ein Kind stört? Sollte ich Druck ausüben? Oder vielleicht doch lieber ein Gespräch führen? Welche Rolle nimmt dabei der schulpsychologische Dienst ein? Besteht die Möglichkeit, die Kinder und Jugendliche so für den Unterrichts zu begeistern oder ihn auf eine Art zu gestalten, dass Störungen bereits vorab vermieden werden können?

Umgang mit schwierigen Schülern

Umgang mit schwierigen Schülern: Sie sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen

Fragen über Fragen ... Und man merkt, mit dem wichtigsten Aspekt des späteren Berufslebens – nämlich den Schülern und Schülerinnen – setzt man sich während des Studiums kaum auseinander. Dabei sollte ihnen eine große Bedeutung zugewiesen werden. Denn sowohl kleine als auch große Unterrichtsstörungen zehren nicht nur an den Nerven des Lehrenden, sondern wirken sich auch auf die Qualität des Unterrichts aus.

Damit du mit etwas weniger Ratlosigkeit in dein Praktikum, Praxissemester oder Referendariat startest, haben wir einige Tipps und Sofortmaßnahmen für den Umgang mit Unterrichtsstörungen von schwierigen Schülern von bereits erfahrenen Lehrern und Lehrerinnen für dich gesammelt.

Gemeinsame Regeln und Konsequenzen aufstellen

Um Störungen und Auseinandersetzungen vorab entgegenzuwirken, solltest du gemeinsam mit deinen Schülern Regeln hinsichtlich des sozialen Miteinanders erarbeiten. Dabei solltest du darauf achten, kurze und einfache (verständliche) Formulierung zu verwenden, Gebote und nicht Verbote festzuhalten sowie eine "Ich-Regel" und keine "Man-Regel" aufzustellen. Auf diese Weise entsteht ein direkter Bezug zum einzelnen Schüler. Zudem sollte die Anzahl der Regeln überschaubare bleiben, damit sie leichter einzuprägen sind.

Weiterhin können auch in einem direkten Bezug zu den Regeln entsprechende Konsequenzen formuliert werden, die bei einem Regelverstoß drohen. Dies sollten jedoch keine Bestrafungen für schwierige Schüler sein, sondern vielmehr als Wiedergutmachungen und eine Wiederherstellung der Ordnung und den allgemeinen Umgang aufgefasst werden.

Lautes Hineinrufen

Es ist wohl die häufigste Unterrichtsstörung: Lautes Hineinrufen in den Unterricht. Die Schüler unterbrechen den Lehrenden oder die Mitschüler, geben ungefragt Kommentare ab, rufen Antworten laut in die Klasse, sodass andere nicht die Möglichkeit erhalten, eine Antwort zu geben. Um dem entgegenzuwirken, sollte diesbezüglich eine klare Regel zum Umgang mit diesen schwierigen Schülern aufgestellt werden. Sie verdeutlicht, dass Zwischenrufe nicht in Ordnung sind.

Um die Regel zu verstärken, sollte der dazwischenrufende Schüler ignoriert und ganz bewusst nur diejenigen Schüler drangenommen werden, die sich melden. Falls die Situation durch das Ignorieren schlimmer wird, kann alternativ ein Signal eingeführt werden. So kann die Regel beispielsweise auf einem Plakat festgehalten und jedes mal bei einem Verstoß still darauf gezeigt werden. Wenn der Schüler sich daraufhin meldet, sollte er auch zu Wort kommen. Auf diese Weise erkennt er den Zusammenhang zwischen der Meldung und der Aufmerksamkeit des Lehrers.

Ständiges Sprechen

Du kennst es vermutlich selbst aus deinem damaligen Schülerdasein. Nach dem Wochenende, nach Feiertagen oder den Ferien gibt es immer viel, was man den Freunden und Freundinnen aus der Klasse erzählen kann. Natürlich werden auch immer wieder zwischendurch Neuigkeiten ausgetauscht. Doch diese privaten Gespräche unter einzelnen Schülern stören den Unterricht. Anstatt direkt zu drohen, empfiehlt es sich aber im Umgang mit den schwierigen Schülern zunächst einmal freundlich nachzufragen mit dem Hinweis, dass die Unterhaltung stört – wie etwa: "Wie lange braucht ihr noch für euer Gespräch? Ich frage, damit ich abschätzen kann, wie lang ich pausieren muss. Sonst stören wir uns nur gegenseitig." Dadurch wird das Ziel verdeutlicht, gegenseitige Störungen zu vermeiden.

Falls die gleichen Schüler sich nach kurzem Schweigen erneut unterhalten, sollten sie erneut auf die Störung aufmerksam gemacht werden – beispielsweise in folgender Form: "Entschuldigt, dass ich noch einmal störe. Ihr braucht wohl doch noch etwas Zeit."

Hitzige oder aggressive Auseinandersetzungen

Sollte es einmal zu schärferen Konflikten kommen, ist eine Deeskalation notwendig. Dabei sollten im Umgang mit dem schwierigen Schüler hektische oder schnelle Bewegungen sowie Angstverhalten vermieden werden. Vielmehr solltest du als Lehrkraft behutsam auf die Schüler zugehen und mit kontrollierter, ruhiger Stimme zu ihnen sprechen. Es ist vorteilhaft, wenn du die beteiligten Schüler von der restlichen Klasse trennst, um mit ihnen alleine den Vorfall zu besprechen. Dem Schüler sollte nicht gedroht werden und es ist wichtig, stets sachlich, klar und mit einfachen Worten zu kommunizieren. Achte darauf, ständig eine gewissen Distanz zu wahren und den Gesprächsfokus auf dem aktuellen Problem aufrechtzuhalten.

In einer solchen Situation solltest du besonders auf deineKörpersprache achten, da diese die weiteren Reaktionen des Schülers beeinflussen kann. Vermeide es, den Schüler anzustarren, dich vor ihm aufzubauen oder mit erhobenem Finger zu gestikulieren. Eine Kommunikation auf Augenhöhe entspannt die Situation, d.h. wenn der Schüler steht, stelle dich auch hin, sitzt er hingegen, dann setzt du dich auch hin.

Lass dich auf keinen Fall auf Machtkämpfe ein, sondern beende das Gespräch rechtzeitig! Wenn der Schüler sich kooperativ und einsichtig zeigt, sollte das von dir anerkannt werden und bei Gelegenheiten auch in späteren Gesprächen oder Berichten erwähnt werden.

Probleme richtig ansprechen

Wenn bestimmte schwierige Schüler immer wieder Störungen im Unterricht herbeiführen, empfiehlt es sich, vor dem Einsatz von Sanktionen ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu suchen. Das Gespräch sollte außerhalb des regulären Unterrichts stattfinden, damit ein möglicher Druck vom Schüler genommen wird und Gelegenheit besteht, das Gespräch offen zu führen und eine Einsicht hinsichtlich der Problematik auf Seiten des Schülers zu entwickeln.

Dabei kann der sogenannte Sechs-Schritte-Prozess hilfreich sein: Beschreibe zunächst genau das Problem. Anstatt Vorwürfe zu äußern, solltest du deine persönlichen Wahrnehmungen, Beobachtungen und Erwartungen genau schildern. Zur Verständlichkeit solltest du kurze und klare Formulierungen nutzen. Der Schüler sollte danach ebenso zu Wort kommen, seine Sicht schildern und Wünsche äußern. Daraufhin sammelst du mit dem Schüler spontane Ideen und Lösungsvorschläge. Um sich auf eine Lösung zu einigen, sollten die einzelnen Ideen gemeinsam gegeneinander abgewogen werden. Nach dem Entschluss für den besten Ansatz sollte dieser im Umgang mit den Schülern in die Tat umgesetzt werden. An einem neuen Termin sollte in einem letzten Schritt die Effektivität der Lösung überprüft werden.

Richtiger Einsatz von Sanktionen

Sanktionen wie Nachsitzen oder Umsetzen sollten erst nach einem Vier-Augen-Gespräch und wiederholtem Regelverstoß durchgeführt werden. Dafür kann es notwendig sein, den Schüler zunächst darauf aufmerksam zu machen, wie häufig er den Unterricht stört. Dafür kann eine Strichliste geführt werden. Daraufhin können eine oder maximal zwei Warnungen erfolgen, bevor die eigentliche Sanktion tatsächlich durchgesetzt wird.

Methode: Motivieren mit dem Smileyplan

Der "Smileyplan" ist ein interessantes Mittel, um im Umgang mit den einzelnen Schülern ein direktes Feedback nach einer Schulstunde zu geben, sie zum positiven Verhalten zu motivieren und Belohnungen stärker zu betonen als Bestrafungen.

Die Methode funktioniert so: Die Schüler erhalten einen Wochenübersichtsplan, auf dem ihr Stundenplan abgebildet ist. Dabei sind in den Kästchen der einzelnen Fächer jeweils drei Smileys abgebildet: ein lachender, ein weinender und einer, der neutral guckt. Nach jeder Schulstunde holen sich die Schüler ein Feedback beim Fachlehrer ab. Wenn ein Schüler eine Woche lang nur lachende Gesichter von allen Lehrern bekommen hat, bekommt er oder sie eine selbstgewählte Belohnung, beispielsweise eine Wunschstunde im Sportunterricht. Andernfalls droht schwierigen Schülern eine Konsequenz, die auf dem Wochenplan angekündigt wird.

Methode: Arbeiten nach dem Trainingsraumprogramm

Das Trainingsraumprogramm ist eine gezielte und transparente Methode zur Unterstützung und Förderung des positiven Verhaltens der einzelnen Schüler. Allerdings kann sie nicht von einem einzelnen Lehrer allein angewendet werden, sondern stellt vielmehr ein schulumfassendes Erziehungskonzept dar.

Die Maßnahme verläuft dabei immer nach demselben Muster und beginnt im Klassenzimmer. Wenn ein Schüler stört, fragst du als Lehrer den Schüler, was er gerade tut. Denn viele stören unbewusst. Dann fragst du weiter, an welche Regel er sich nicht hält, ob er im Raum bleiben möchte und was passiert, wenn er noch einmal stört. Die Fragen helfen dem Schüler, sich seiner aktuellen Lage bewusst zu werden.

Wenn der Schüler noch einmal stört, muss er den Raum verlassen und in den Trainingsraum gehen. Der Trainingsraum ist ein spezielles Zimmer, in dem den ganzen Tag eine geschulte Lehrkraft sitzt. Jeder Schüler spricht dann einzeln mit der Lehrkraft über den Vorfall. Es sollen keine Strafen ausgesprochen, sondern vielmehr dem Schüler die Problematik und alternative, günstigere Verhaltensweisen aufgezeigt werden. Im Anschluss wird mit dem Schüler ein Rückkehrplan ausgefüllt, in dem festgehalten wird, wie er gestört hat, gegen welche Regel er verstoßen hat, welche Folgen sein Verhalten hatte und welche alternativen Verhaltensmöglichkeiten es gegeben hätte.

Diese Methode im Umgang mit schwierigen Schülern ist sehr hilfreich, da sie dem störenden Schüler verdeutlicht, dass sein Verhalten negative Folgen hatte und es in Zukunft günstigere Verhaltensalternativen gibt.

Methode: Unterrichten mit dem Ampelsystem

Bei dem Ampelsystem handelt es sich um eine hilfreiche Methode, um Schülern ihr Fehlverhalten zu verdeutlichen und dieses zu reduzieren. Jedoch erfordert dies erneut die Zusammenarbeit von mehreren Lehrern.

Zu Beginn jeder Stunde stehen alle Schüler auf "Grün". Dies wird anhand einer Ampelgraphik verdeutlicht, an der die einzelnen Namen der Schüler angebracht werden. Wenn jemand stört, wird sein Name neben das gelbe Feld geklebt. Wenn der Schüler nicht mehr stört, wird sein Name kurz vor Ende der Schulstunde wieder auf "Grün" gesetzt. Sollte er jedoch erneut stören, kommt er auf "Rot". Er bekommt dann einen Reflexionsbogen, auf dem er sein störendes Verhalten und die Konsequenzen für sich und seine Mitschüler notieren soll. Zudem erhält er einen Laufzettel, mit dem er nach einem festen Plan in eine andere Klasse verwiesen wird. Entweder geht er zum Klassenlehrer oder zu einem Lehrer, der die Klasse ebenfalls unterrichtet. Dort muss er dann zusätzliche Aufgaben machen und sie dem entsprechenden Lehrer zeigen. Danach wird der schwierige Schüler wieder in seine Klasse zurückgeschickt, wo er dann den Reflexionsbogen, den Laufzettel und seine Aufgaben abgibt. Zur Dokumentation, welcher Schüler wie oft stört, werden die Reflexionsbögen in einer Mappe abgeheftet.

Die Eltern erhalten eine schriftliche Informationen über den Klassenverweis und eine Kopie des Reflexionsbogens. Sollte der Klassenlehrer noch nichts über den Vorfall wissen, wird dieser ebenfalls informiert.

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